Lehmdorf 2009

Unter dem Motto „Kennst du deine Heimat – Komm mit in die Eifel“ fand die Ferien am Ort Aktion in Hupperath zum siebten Mal statt. Veranstalter sind die Spvgg. Minderlittgen
-Hupperath und der Musikverein Hupperath.

Die Organisatoren hatten in diesem Jahr alle Hände voll zu tun. 101 Kinder und Jugendliche im Alter von 8 – 15 Jahren waren zur Freizeit angemeldet. Ca. weiteren 35 Kindern musste aus Kapazitätsgründen leider abgesagt werden.

Ein starkes 25köpfiges Team, bestehend aus pädagogischen Fachkräften, Freizeit-Idealisten und Eltern, managte von Samstag, 11.07. bis einschl. Samstag, 18.07.09 das Leben im selbstgebauten Lehmdorf und die zahlreichen Aktionen, die im Dorf Hupperath sowie der näheren Umgebung stattfanden. Neben dem Stammteam agierten noch viele andere freiwillige Helfer tageweise vor und hinter den Kulissen. Insgesamt haben ca. 65 sozial engagierte Menschen durch ihre Mithilfe eine Freizeit dieser Größenordnung  erst möglich gemacht

Die absoluten Highlights waren in diesem Jahr:

    -    drei geführte Kanutouren an der Sauer,

    -    die Wasserexkursion an der Ranzen-mühle mit Übernachtung  im Stall auf Stroh,

-      -  das Streetsoccer Turnier nach den Ballance 2006 Regeln

-       - der Ausflug zum Kletterpark in Mont Royal.

Und wie in jedem Jahr stellten sich die Teilis und die Betreuer der Herausforderung, 16 Tonnen Lehm kreativ von Hand zu verarbeiten. Die Teilis haben hier das außergewöhnliche Angebot, mit elementarsten Dingen unserer Welt wie Lehmerde, Wasser, Stroh und den eigenen Händen schöpferisch tätig zu sein. Zudem stand ihnen die Legitimation  zu, sich jeden Tag absolut schmutzig zu machen. Ich benutze gerne das Sprichwort: „Jeder Tag, an dem ein Kind nicht schmutzig ist, ist ein verlorener Tag“.

In dem Sinne war im Lehmdorf kein Tag verloren, denn es wurden nicht nur Bauwerke gestaltet. Die Kleidung wurde mit Lehm „verschönert“ und selbst Haut und Haare erhielten Lehmstyling und -peeling.

Entsprechend dem Thema: „Kennst du deine Heimat (Eifel)“ wurden die Bauwerke gestaltet. Aus dem vorhandenen Rundbau des Vorjahres entstand bspw. ein Burggemäuer, ein rauchender Vulkan ragte über dem Lehmmaar, das Lehmhaus wurde mit einem großen Wand-gemälde verschönert, das ein Eifelmaar zeigt und der Lehmofen wurde komplett erneuert und erhielt die Form eines Hauses.

Wie auch in den vergangenen Jahren stand die Freizeit seitens der Sportjugend unter dem Thema der Nachhaltigkeit. Hierunter verstehen die Organisatoren, mit gezielten Freizeitan-geboten Impulse zu geben, die ein Umdenken in Gang bringen zur globalen Gerechtigkeit und zum achtsamen Umgang mit sich selbst und der Erde, ihren Ressourcen und der Vielfalt des Lebens.

An der Informationsveranstaltung im April, die den Teilis im Vorfeld der Ferienfreizeit bereits eine hohe Partizipationsmöglichkeit einräumte, gingen wir das Themenmodul Mobilität an. Kinder und Betreuer überlegten gemeinsam, was Mobilität mit Nachhaltigkeit und somit mit dem Leben auf der „einen - unserer Welt“ zu tun hat. Ideen wurden dahingehend gesammelt, was und wer sich wo wie viel oder wenig bewegt, sprich: wie mobil man/frau ist.

Während der Freizeit erlebten die Teilis Mobilität zum einen in der eher passiven Form wie Auto- und Busfahren und zum anderen in der aktiven Form während der Fahrradrallye, der Dorfrallye zu Fuß, Bobbycar- und Seifenkisten-rennnen, der Kanufahrten und der vielen Turnier- und Ballsportarten. Des Weiteren sah es in der Praxis so aus, dass in dem Projekt Mode und Style nicht nur alte Klamotten aufgepeppt wurden, sondern bspw. eine Jeanshose ihre lange Reise durch die halbe Welt aufzeigte.

Wer letztendlich wie viel an einer Hose verdiente stellten die Teilis sehr anschaulich durch prozentuales Zerteilen einer Hose dar. Und dass die Schneiderin, die die meiste Arbeit an der Hose hat, nicht mehr als den Wert des Hosenknopfes verdient, fanden alle mehr als ungerecht. Den Teilis war sehr schnell klar, dass eine Jeanshose einen „dicken ökologischen Rucksack“ hat, und sie es durch-aus wert ist, aufgepeppt zu werden oder dass aus dem Stoff etwas Neues entsteht.

In dieser Woche war der sog. „ökologische Rucksack“ überhaupt das Schlagwort schlecht-hin. Beim Klimafrühstück erfuhren die Kinder, wie viel Kilometer sie jeden Morgen unbewusst „verfrühstücken“ (ca. 50.000 km im Schnitt!) und lernten sehr anschaulich, dass das Apfelmus und die Marmelade von  Oma, die Milch und die Eier vom Hof, also lokal vor Ort hergestellt oder eingekauft, in der Ökobilanz sehr viel besser abschneiden. Die Mahlzeiten „Mehlklöße mit Apfelmus“ und „Reibekuchen mit Kräuterquark oder Apfelmus“ waren tolle Beispiele, Essen zuzubereiten, dessen Zutaten überwiegend aus der Region stammten. Das Mehl wurde mit den Kindern gemeinsam in der Lüxemer Mühle gekauft; dort wurde den Kindern der Verarbeitungsvorgang vom Korn zum Mehl gezeigt. Das Apfelmus ist keinen einzigen Kilometer transportiert worden, denn Großeltern hatten im letzten Herbst literweise Apfelmus eingeweckt. Die Eier kauften wir selbstverständlich am hiesigen Bauernhof.

Zu dieser Mehrgenerationenarbeit freiwillige Menschen zu finden war überhaupt kein Problem. Auch unser Reibkuchen wurde frisch aus 60 KG Kartoffeln von Eltern und Großeltern hergestellt. Der Bioeinkauf  der Eier,  das Sammeln der Kräuter und Beeren in Hupperath`s Gärten war ein Erlebnis für die Sinne, weil wir alles vor Ort fühlten, beschnupperten und schmeckten.

So wurde im Hühnerstall erst einmal die Nase gerümpft, und weil sie vom frischem Pfefferminztee nicht genug riechen konnten, banden die Kinder sich die Stängel unter die Nase.

Das Theatherstück „De Bioapel aus Argentinien“ auf Hupperather Mundart machte dann letztendlich allen klar, wie viel Energie der Bioapfel aus Argentinien im Vergleich zu dem vor Ort gewachsenen Äpfeln verbraucht. Hiermit wurde ein guter Bezug zu der Apfelmus-kochaktion der Großeltern hergestellt.

Helmut, ehrenamtlicher Mitarbeiter des Offenen Kanals in Wittlich, ermöglichte den Teilis mit dem Medienprojekt Einblicke in die Welt der Reporter und Filmemacher. Ein Höhepunkt war in diesem Projekt die Moderatorenschulung mit der Fachfrau Bianca Waters. Die Beiträge unser Lehmdorfreporter werden am Moderatoren-wettbewerb vom RPR 1 und der LMK (Landes-zentrale für Medien und Kommunikation) teilnehmen

Am Samstag, den 18.09.09 präsentierten die Lehmdorfteilis und deren Betreuer die Werke und Aktionen der Freizeitwoche. Willkommen waren alle Familien und Freunde der teilnehmenden Kinder sowie alle Interessierte der Dorfgemeinschaft und Umgebung.

Verschiedenen Workshops ließen den Tag wie im Fluge vergehen. Die Hüpfburg, die uns die Kreissparkasse zur Verfügung stellte sowie die Mohrenkopfschleuder wurden von den Teilis stark frequentiert. Die Saftkreationen, die die Kinder selbst anboten, fanden reißenden Absatz. Hierfür wurde eigens das Römerschiff zu einer Saftbar umgestaltet. Die Idee stammte aus den Kinderreihen und wurde hervorragend umge-setzt. Popcorn, von den Kindern selbst am Lehmherd gebruzzelt und Fladenbrötchen aus dem Lehmofen wurden feilgeboten.

Am Nachmittag moderierte unsere  „Evje aus Holland“ alias Elke Kees, Lehmdorfbetreuerin, mit viel Witz und Esprit das Programm, so dass die Lachmuskeln der Zuschauer ordentlich was zu tun hatten. Als Reporterin interviewte sie die Hauptorganisatorin Wally Spang und beide präsentierten somit die Aktionen des Lehm-dorfes.

Hier wurde die Jeanshosen – Reise  vorgestellt, und in einer Modeschau unter dem Motto „Aus Alt mach Neu“ zeigten uns

die jungen Models ihre eigenen Kreationen. Das hervorragend gestaltete und dargebrachte Theaterstück „De Bioapel aus Argentinien“ wurde ebenso spannend verfolgt wie die Darbietungen der drei Erstplazierten aus „Das Lehmdorf sucht das Supertalent“ Den ersten Platz belegte eine junge Musikerin, die erst ein Jahr in Ausbildung ist und uns mit ihrem hervorragenden Klarinetten-spiel begeisterte.

Überhaupt wird in Hupperath die Musik groß geschrieben. Der Musikverein ließ es sich nicht nehmen, die Lehmdorfbesucher eine Stunde lang mit tollen musikalischen Darbietungen zu unterhalten.

Am späten Nachmittag verteilten wir an die Lehmdorfbesucher die Sonnenenergie in Form von Wäscheklammern, befestigt an dem Infoflyer „Nachhaltig leben“ der Landeszentrale für Umweltaufklärung und boten die Möglichkeit an, einen ökologischen Fußabdruck durch-zuführen. Viele Besucher konnten sich unter dem ökologischen Fußabdruck nichts vorstellen, und waren meist darüber erschrocken, wie viel Welt sie verbrauchen. Über die Tatsache, dass sich besonders Jugendliche und junge Erwachsene mit dem ökologischen Fußabdruck und anschließend mit der Thematik der Nach-haltigkeit auseinandersetzten, habe ich mich sehr gefreut.

Speziell an diesem Abschlusstag erhielten die Betreuer und Organisatoren der Freizeit viel positives Feedback aus der Elternschaft und der Dorfgemeinschaft. Die Begeisterung war groß, dass die Kinder mit einem solch vielseitigem, abwechslungsreichem Programm fast immer das Passende für sich auswählen konnten, es niemals langweilig war und die Kinder nicht nur einfach „gut aufgehoben“ waren, sondern mit Spiel, Spaß und Sport und  pädagogisch wertvollen Angeboten spielerisch konfrontiert wurden.

Und nicht zuletzt, die Tatsache, dass ein Kind am Abend des letzten Tages beim nach Hause gehen weinte, weil die Freizeit zu Ende war, spricht wohl mehr als für sich!

Berichtverfasserin

Walburga Spang

Zuletzt aktualisiert am 23.07.2024 07:00 Uhr